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Die heutigen Öffentlichen Bibliotheken sind das Ergebnis einer über 200-jährigen Entwicklung. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts entstand ein neues Lesebedürfnis. Durch Einführung der allgemeinen Schulpflicht konnten und wollten mehr Menschen lesen. Nicht zuletzt ermöglichte der technische Fortschritt bei der Buchherstellung die Massenproduktion von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften. Da die Buchpreise aber immer noch relativ hoch waren, entstand der Wunsch nach Institutionen, wo man die gewünschte Lektüre erhalten konnte.
Das trifft auch auf Neustadt an der Weinstraße zu. Bereits 1790 wird in alten Dokumenten eine Lesegesellschaft erwähnt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden solche Lesegesellschaften als Institution bürgerlicher Selbsthilfe gegründet mit Namen wie „Harmonie“ oder „Casino“.

Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde das Bedürfnis nach Literaturversorgung und Bildung immer größer. Bevölkerungswachstum und Rückgang des Analphabetismus erhöhten die Zahl der Buchkonsumenten.
Die 1871 gegründete „Gesellschaft zur Förderung der Volksbildung“ bewirkte ein wachsendes Interesse für Büchereien. Es kam zu zahlreichen Gründungen von regionalen Volksbildungsvereinen, deren Zielsetzung die Einrichtung und Unterstützung von Volksbibliotheken war.

So wurde auch bei uns 1914 die Volksbücherei Neustadt an der Haardt gegründet. Träger war der hiesige Volksbildungsverein, die Initiative ging im Wesentlichen vom „Verein Neustadter Lehrer und Lehrerinnen“ aus. Die Bücherei war in der Turnhalle der früheren Töchterschule in der heutigen Schütt untergebracht und wurde ehrenamtlich von „Oberlehrern“ betreut.

Da die Bücherei den Stadtvätern bereits damals sehr am Herzen lag, wurde sie finanziell bezuschusst, was die Einstellung von Elisabeth Migeot zum 1. Juli 1928 als erste hauptamtliche Leiterin ermöglichte.
1931 folgte mit Wilhelmine Müller die zweite bibliothekarische Fachkraft mit einer Festanstellung. Am 1. April 1937 übernahm die Stadt die Bücherei samt Personal vom Volksverband Saar/Pfalz e.V. als städtische Einrichtung und benannte sie in Stadt- und Bezirksbücherei Neustadt an der Weinstraße um. Zwei Jahre später zog die Bücherei in das Gebäude des damaligen Heimatmuseums, ebenfalls in der heutigen Schütt, um. Dort blieb sie 11 Jahre, bevor 1950 ein weiterer Umzug in die Hauptstraße 99, heute Palatia-Haus, notwendig war. Die Stadtbücherei Neustadt an der Weinstraße, wie sie ab diesem Zeitpunkt bezeichnet wurde, konnte hier im Jahr 1957 die Umstellung von der reinen „Thekenbücherei“ zumindest im Kinder- und Jugendbereich auf Freihandaufstellung ermöglichen. Für uns heute unvorstellbar, war der Bestand zuvor nicht frei zugänglich. Die gewünschten Bücher wurden von der Bibliothekarin geholt und über die Theke gereicht, daher die Bezeichnung Thekenbücherei.

Der Erfolg war überwältigend, die Jugendbuchausleihen stiegen sprunghaft an, weshalb man sich eine frei zugängliche Aufstellung auch dringend für die Erwachsenenbücher wünschte.
Dies konnte erst 1971 durch einen weiteren Umzug in die Villa Böhm realisiert werden. Der gesamte Buchbestand (30 000 Bände) wurde in Freihandaufstellung präsentiert.

Im Januar 1973 wurde die bisherige Leiterin Elisabeth Migeot nach 44-jähriger Tätigkeit in den Ruhestand entlassen. Ihre Nachfolgerin Annelore Wirschitz übernahm von April 1974 bis November 1988 die Leitung der Stadtbücherei. Ihr gelang es, im Jahr 1977 in das 1.OG des neuen Klemmhofs einzuziehen, wo über 600 m² für den Publikumsbereich zur Verfügung standen. Endlich hatte die Stadtbücherei einen zentralen Standort gefunden, der genügend Platz bot für eine großzügige und übersichtliche Aufstellung des Bestandes. Veranstaltungen, Ausstellungen und ein gut bestückter Lesesaal ließen die reine Buchausleihstelle zum Informations- und Kommunikationszentrum wachsen.

Ein Festredner hat es beim 60-jährigen Jubiläum einmal sehr treffend formuliert: „Die Stadtbücherei hat im Lauf ihrer Geschichte zwar sehr häufig den Standort gewechselt, aber selten die Leiterin…“

Ende 1988 übernahm die langjährige Mitarbeiterin und stellvertretende Leiterin der Stadtbücherei, Diplom-Bibliothekarin Ulrike Schwartz die Führung. Ihr Team bestand inzwischen aus zwei weiteren Bibliothekarinnen, vier ausgebildeten Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste sowie drei Verwaltungsangestellten.

Mit der Einführung eines leistungsfähigen EDV-Systems im Jahr 1996 waren die Weichen gestellt für ein modernes und zukunftsorientiertes Medienzentrum.

Seit März 2018 ist Bibliothekarin Diana Wilhelm Leiterin der Stadtbücherei. Zusammen mit ihrem 7-köpfigen Team arbeitet sie unerlässlich an der Aktualität und Attraktivität des Bibliotheksangebots.
Viele Online-Angebote wie Onleihe, Online-Katalog und Apps zur Leseförderung gehören heute zur Standardausstattung einer guten Bibliothek. Dennoch ist die Stadtbücherei als Ort der Begegnung und Kommunikation in Neustadt an der Weinstraße unverzichtbar.

1950 - Theke Hauptstraße

1957 - Erste Freihandaufstellung

1971 - Theke Villa Böhm

1977 - Einzug Klemmhof